Behandlungskonzept Sprachstörungen

Kinder vom Kleinkindalter bis zum Schulabschluss können zur Rehabilitation aufgenommen werden. Bei kleinen Kindern ist die Aufnahme und Schulung einer Begleitperson Teil des Behandlungskon-zepts. Eine Indikation für eine stationäre medizinische Rehabilitation liegt dann vor, wenn die um-fassende gesundheitliche und psychosoziale Beeinträchtigung durch das Störungsbild durch ambu-lante Maßnahmen und Unterstützungen allein nicht mehr beherrschbar ist.

Bis zu 5 % aller Kinder sind von behandlungsbedürftigen Entwicklungsstörungen betroffen. Die Re-habilitation bei Entwicklungsstörungen bezieht auch Kinder mit ein, bei denen die Entwicklungsstö-rung zusammen mit einer neurologischen Grunderkrankung auftritt (wie z.B. perinatale Schädigun-gen, Spina bifida, neuromuskuläre Erkrankungen, Epilepsien, definierte Syndrome, Alkoholembryo-pathie...).
Konkrete Aufnahmegründe bei Sprachstörungen können sein:

  • Intensivierung, Ergänzung, Erweiterung und Anpassung der bisherigen Behandlungsmaß-nahmen
  • Vorbereitung auf bzw. Vernetzung mit ambulanten Therapie- und Förderprogrammen für Entwicklungsstörungen
  • Erzielen individueller Fortschritte bei schweren Störungen durch Verbindung von Einzelthe-rapie, schulischer Förderung und Maßnahmen zur emotionalen Stabilisierung
  • Behandlung der psychiatrischen Begleiterkrankungen der Entwicklungsstörungen (andere Entwicklungsstörungen, ADHS, emotionale Störungen, Ticstörungen...)
  • Unterstützung, Anleitung und Beratung bei Therapien zur Verbesserung des Störungsmana-gements und der Selbststeuerung
  • Ausgleich und Unterstützung bezüglich krankheitsbegleitender schulischer Leistungsschwie-rigkeiten
  • Unterstützung und Beratung bei der Verbesserung der sozialen Integration (Peer group, Schule, Berufsfindung und Berufshinführung und -beratung)
 

Als krankheitsunabhängige Rehabilitationsziele haben wir uns zur Aufgabe gemacht, die Kinder, Jugendlichen und ihre Familien zu unterstützen:

  • durch Entlastung von den aktuellen Belastungen und Beeinträchtigungen während des stati-onären Aufenthalts
  • durch Übertragen der Rehabilitationsziele in Alltagssituationen
  • durch Anleitung beim Umgang mit und dem Annehmen von (chronischer) Krankheit oder Beeinträchtigung
  • durch Beratung, Aufklärung, Patientenschulung und Elternschulung zur Erweiterung ihres Wissens und Verständnisses und nachhaltigen Verbesserung der persönlichen Situation.

Als spezielle Therapieziele stehen bei der Rehabilitation bei Entwicklungsstörungen im Vordergrund:

  • die Entlastung durch Anpassung der Therapieziele an den aktuellen Entwicklungsstand
  • die Beschwerdebesserung durch Ergänzung und Intensivierung der bisherigen ambulanten Behandlungsverfahren, insbesondere der Förderung
  • Reduktion von vorwiegend psychiatrischer Komorbidität zur Verbesserung des Risikoprofils
  • die Verbesserung oder Wiederherstellung der eingeschränkten Lebensqualität und Wieder-herstellung der psychischen Belastbarkeit
  • die Anleitung zum optimalen Selbstmanagement der Störung; Verbesserung der Therapiemotivation
  • die Integration des verbesserten Selbstmanagements und Gesundheitsverhaltens in den All-tag und in die Familie
 

Die konkreten Rehabilitationsziele sollten bereits vor der stationären Aufnahme zwischen Kindern, Eltern und behandelndem Arzt besprochen und festgelegt werden. Sie werden bei Aufnahme (u. a. auch durch die schulbezogene Eingangs-Diagnostik) noch einmal präzisiert und in den regelmäßigen Visiten im Behandlungsverlauf angepasst. Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen werden in altershomogene und diagnosespezifische Gruppen integriert und in spezifischen Gruppen entwicklungsgerecht unterrichtet.

 

Grundsätzlich stehen den Kindern mit Entwicklungsstörungen alle Fachbereiche der Klinik zur Verfü-gung (Medizin, Pflege, Psychologie, Sozialpädagogik, Therapie und Schule). Die Umsetzung der Be-handlungsziele erfolgt in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit aller Bereiche unter ärztlicher (d. h. kinderärztlicher und kinder- und jugendpsychiatrischer) Leitung.

Speziell bei Entwicklungsstörungen werden in der Therapie u.a. eingesetzt:

  • Verlaufsdiagnostik (schulische Diagnostik, Testpsychologie, Labor, EEG)
  • Logopädie in der Gruppe und einzeln
  • Ergotherapie, schulisches Training, Heilpädagogik und Hausaufgabentraining bei Bedarf
  • Psychotherapie bei Bedarf, Entspannungsverfahren, Kreativtherapie
  • bewegungstherapeutische Verfahren bei Bedarf
  • Konzentrationstraining
  • Medikation bei Bedarf
  • schulische Förderung, Patientenschulung und vor allem Elternschulung
  • Milieutraining (bei Bedarf spezifisch) in der Gruppe
  • Sozialberatung

Die detaillierten Therapiepläne sind im QM-System der Klinik abgelegt.

 

Eine mehrtägige Schulung für Eltern von Kindern mit Entwicklungsstörungen ist ein zentraler Be-handlungsbaustein, der den nachhaltigen Erfolg der Rehabilitation verbessern soll. Die Schulungen werden von geschulten Trainern geleitet und durchgeführt. Die Behandlungsempfehlungen orientieren sich an den aktuellen medizinischen Leitlinien der AWMF. Speziell bei Entwicklungsstörungen können Eltern an einem Schulungsprogramm teilnehmen, das zusammen mit der Universität Bremen (Prof. Petermann) entworfen und evaluiert wurde.

 

Die Rückkehr in einen Schulalltag ohne Ängste und Belastungen ist für Kinder mit Entwicklungsstö-rungen sehr wichtig. Ziel des Unterrichts in unserer großen Klinikschule ist es daher auch, die Kinder und Jugendlichen nach einer Phase der Entlastung beim Aufholen von Versäumtem zu unterstützen und die Reintegration in den schulischen Alltag zuhause vorzubereiten. Dies ist durch Unterricht in kleinen Klassen und in einer Intensität von bis zu 20 Stunden pro Woche möglich. Diagnostik und Einzelförderung im Rahmen der Schule spielen während der Behandlung, sowie der Schulbericht zur Entlassung bei Kindern mit Entwicklungsstörungen eine wichtige Rolle.

 

Trotz der Wohnortferne der bei uns aufgenommenen Kinder fühlen wir uns auch der ambulanten Nachsorge nach der stationären Rehabilitation verpflichtet. Dies kann in Folge individueller Um-stände jedoch gelegentlich nur eingeschränkt erreicht werden. Wir bemühen uns aber (bei Zustimmung der Eltern) in jedem Fall um die Einbeziehung der Kinderärzte/ Hausärzte, ambulant tätigen Therapeuten und Schulen und um die Vermittlung weiterer Hilfen, Beratungsstellen und Fachleute.
Die Vernetzung von Therapie und Umweltfaktoren (Schule, Familie...) fördert den Behandlungser-folg. Die Nachsorge spielt bei der Behandlung deshalb eine so wichtige Rolle, damit eine nachhaltige Stabilisierung erreicht werden kann.
Die folgenden allgemeinen protektiven Faktoren sind u. a. ein Ziel unseres Behandlungskonzepts:

  • Vermittlung langfristiger ambulanter Therapie- und Förderempfehlungen
  • Vermittlung und Anregung einer Veränderung und Stabilisierung für die gesamte Familie
  • Vermittlung von konkreten Hilfen und Förderung (z. B. auch Leistungen der Jugendhilfe – gemäß §35a SGB VIII) zur Verbesserung der psychosozialen Situation.
 

Kontakt

Klinik Hochried
Zentrum für Kinder,
Jugendliche und Familien
Hochried 1
82418 Murnau


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