Behandlungskonzept Chronische Darmerkrankungen
Kinder vom Kleinkindalter bis zum Schulabschluss können zur Rehabilitation aufgenommen werden. Bei kleinen Kindern ist die Aufnahme und Schulung einer Begleitperson Teil des Behandlungskonzepts.
Eine Indikation für eine stationäre medizinische Rehabilitation liegt dann vor, wenn die umfassende gesundheitliche und psychosoziale Beeinträchtigung durch die Erkrankung durch ambulante Maßnahmen und Unterstützung allein nicht mehr beherrschbar ist.
Die aktuelle Beeinträchtigung durch eine chronische Darmerkrankung (wie z.B. eine Colitis ulcerosa oder einen Morbus Crohn) kann im Krankheitsverlauf sehr unterschiedlich sein. Weiterhin ergeben sich zwischen den einzelnen Patienten bei dieser Krankheitsgruppe große Unterschiede bezüglich der Intensität der medikamentösen Behandlung und der Einschränkungen bei der Ernährung. Aufgrund der hohen Erfahrung und Ausstattung unserer Diätküche und Ernährungsberatung, sowie der zur Verfügung stehenden medizinischen Ausstattung (z.B. EKG, Sonographie, Labor …) ist eine Rehabilitation bei dieser Erkrankung grundsätzlich möglich. Es ist sinnvoll und hilfreich bei dieser Erkrankungsgruppe die konkreten Rehabilitationsziele und speziellen Bedürfnisse der betroffenen Patienten vor der Rehabilitation mit der Klinik abzustimmen. Konkrete Aufnahmegründe bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen können sein:
- Ergänzung, Erweiterung oder Anpassung der bisherigen Behandlungsmaßnahmen
- Reduktion der Einschränkungen im schulischen und privaten Leben durch die Erkrankung
- Unterstützung und Begleitung bei der Verbesserung der sozialen Integration (Peer Group, Schule, Berufsfindung und Berufshinführung und Beratung)
- Unterstützung, Anleitung und Beratung der gesamten Familie bei der Intensivierung der Therapien und Verbesserung des Krankheitsmanagements der Selbststeuerung und beim Umgang mit den therapeutischen Verfahren.
- Ausgleich und Unterstützung bezüglich krankheitsbegleitender schulischer Leistungsschwierigkeiten
- Behandlung vor allem auch psychischer Begleiterkrankungen der chronischen entzündlichen Darmerkrankungen
- Intensive Ernährungsberatung und Ernährungsschulung und Förderung und Verbesserung und Anpassung des Lebensstils
- Begleitung und Beratung bei der Anpassung medikamentöser Therapien
Als krankheitsunabhängige Rehabilitationsziele haben wir uns zur Aufgabe gemacht, die Kinder, Jugendlichen und ihre Familien zu unterstützen:
- durch Entlastung von den aktuellen Belastungen und Beeinträchtigungen während des stationären Aufenthalts
- durch Übertragen der Rehabilitationsziele in Alltagssituationen
- durch Anleitung beim Umgang mit und dem Annehmen von (chronischer) Krankheit oder Beeinträchtigung
- durch Beratung und Aufklärung zur Erweiterung ihres Wissens und Verständnisses und nachhaltigen Verbesserung der persönlichen Situation.
Als spezielle Therapieziele stehen bei der Rehabilitation bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im Vordergrund:
- Beschwerdebesserung durch Ergänzung in Intensivierung der bisherigen ambulanten Behandlung
- Optimierung sowohl der symptomatischen als auch der diagnosespezifischen Therapie in enger Abstimmung mit dem ambulanten Behandlungszentrum
- Reduktion von Komorbidität (z.B. Inkontinenz, Entleerungsstörungen, somatische und psychische Begleiterkrankungen)
- Verbesserung oder Wiederherstellung der eingeschränkten Lebensqualität und Wiederherstellung, bzw. Verbesserung der körperlichen und psychischen Belastbarkeit
- Beratung und Begleitung bei der Stabilisierung von Essgewohnheiten, adäquater körperlicher Aktivität und Alltagsgestaltung (betreffend Selbstmanagement, Tagesstruktur usw.)
- Anleitung zu verbessertem Selbstmanagement und zur Verbesserung der Compliance
- Integration des verbesserten Selbstmanagements und Gesundheitsverhaltens in den Alltag der Familie
Die konkreten Rehabilitationsziele sollten bereits vor der stationären Aufnahme zwischen Kindern, Eltern und behandelndem Arzt besprochen und festgelegt werden. Sie werden bei Aufnahme noch einmal präzisiert, falls erforderlich nach gezielter Diagnostik ergänzt und in den regelmäßigen Visiten im Behandlungsverlauf angepasst werden. Kinder und Jugendlichen mit chronischen Darmerkrankungen werden in altersgemischte und diagnosegemischte Gruppen integriert. Das Therapieprogramm wird den individuellen Zielen der betroffenen Patienten angepasst.
Grundsätzlich stehen den Kindern mit chronischen Darmerkrankungen alle Fachbereiche der Klinik zur Verfügung (Medizin, Pflege, Psychologie, Sozialpädagogik, Therapie und Schule). Die Umsetzung der Behandlungsziele erfolgt in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit aller Bereiche unter ärztlicher Leitung.
Speziell bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen werden in der Therapie und Rehabilitation unter anderem eingesetzt:
- Verlaufsdiagnostik bei Bedarf (Vitalparameter, Labor, Sonographie …)
- Bewegungstherapeutische Verfahren und Sport mit (Ausdauertraining, Schwimmen …)
- Physiotherapie bei Bedarf
- Psychotherapie bei Bedarf
- Ernährungstherapie und Ernährungsberatung einschließlich Modulen zur allgemeinen Gesundheitsberatung, Lehrküche
- Schule, Elternberatung und Patientenberatung
- Soziales Kompetenztraining
- Sozialberatung
Für Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die auf einer diagnosegemischten Station behandelt werden, wird keine Patientenschulung in der Gruppe angeboten. Es findet jedoch eine intensive, ärztliche geleitete Beratung der Patienten und ihrer Familien am individuellen Einzelfall orientiert statt. Die Behandlungsempfehlungen orientieren sich an den aktuellen medizinischen Leitlinien der AWMF. Bei Bedarf wird die Klinik durch die Experten der Abteilung Gastroenterologie des Dr. von Haunerschen Kinderspitals der LMU München beraten.
Die Rückkehr in einen Schulalltag ohne Ängste und Belastungen ist für Kinder mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sehr wichtig. Ziel des Unterrichts in unserer großen Klinikschule ist es daher auch, die Kinder und Jugendlichen nach einer Phase der Entlastung beim Aufholen von Versäumtem zu unterstützen und die Reintegration in den schulischen Alltag zuhause vorzubereiten. Dies ist durch Unterricht in kleinen Klassen und in einer Intensität von bis zu 20 Stunden pro Woche möglich.
Trotz der Wohnortferne der bei uns aufgenommenen Kinder fühlen wir uns auch der ambulanten Nachsorge nach der stationären Rehabilitation verpflichtet. Wir bemühen uns (bei Zustimmung der Eltern) in jedem Fall um die Einbeziehung der Kinderärzte/ Hausärzte, ambulant tätigen Therapeuten und die Vermittlung weiterer Hilfen, Beratungsstellen und Fachleute.