Fragen und Antworten zum Thema Essstörungen

Der Katalog mit Fragen und deren Antworten rund um das Thema Essstörungen wurde im Rahmen der Initiative „Leben hat Gewicht" des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erarbeitet. Ein besonderer Dank gilt dem Expertengremium „Essstörungen", welches bei der Erarbeitung mitgewirkt hat.

INHALT:

Allgemeine Fragen   Body Mass Index   Angehörige
Magersucht   Übergewicht   Selbsthilfe
Bulimie   Beratung   Männer und Essstörungen
Binge Eating   Prävention   Internet 
Kalorienreduzierte Diäten   Behandlung    

Allgemeine Fragen

Es gibt drei verschiedene Formen von Essstörungen:

  • Magersucht, Anorexie (Anorexia Nervosa),
  • Bulimie, die Ess-Brech-Sucht (Bulimia Nervosa),
  • Binge-Eating-Störung, die Ess-Sucht mit regelmäßigen Heißhungeranfällen.

Die drei Formen können ineinander übergehen.
Bei der Magersucht liegt das Körpergewicht mindestens 15 Prozent unter dem minimalen Normalgewicht. Betroffene nehmen ihr Gewicht und ihren Körper verzerrt wahr. Sie haben panische Angst, dick zu werden - trotz Untergewicht. Bulimie tritt häufig im Zusammenhang mit Magersucht auf. Die Betroffenen leiden unter Heißhungeranfällen. In kürzester Zeit essen sie sehr große Mengen. Um nicht zuzunehmen, erbrechen sie sich meist nach diesen Essattacken. Auch beim Binge Eating leiden die Erkrankten an regelmäßigen Heißhungerattacken. Anders als bei der Bulimie ergreifen die Betroffenen aber nach Essanfällen keine Gegenmaßnahmen. Diese Störung ist meist mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) verbunden. Das bedeutet aber nicht, dass Menschen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit automatisch an Binge Eating leiden.
Nicht zu den Essstörungen zählen Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas). Sie sind Gesundheitsstörungen, die vielfältige Ursachen haben, zu denen neben genetischer Veranlagung auch Überernährung und Bewegungsmangel gehören.
Auch die Fütterstörung gehört nicht zu den klassischen Essstörungen. Sie zählt wie Schrei- oder Schlafstörungen zu den frühkindlichen Regulationsstörungen.
Fütterstörungen haben vielfältige Ursachen. Auch psychosoziale Faktoren spielen bei der Entstehung eine Rolle. Bei der Fütterstörung verweigern Babys oder Kleinkinder das Essen oder Trinken.

 

Nein. Einige Verhaltensweisen von essgestörten Menschen können den Charakter einer Sucht annehmen. Meist wird der gesamte Alltag der Betroffenen bestimmt von Kontrollverlust, Wiederholungszwang und sozialer Isolation. Das ähnelt dem Krankheitsbild der „stoffgebunden Süchte" wie Drogensucht oder Alkoholabhängigkeit.

 

Früher galten Essstörungen als „typisch weibliche" Erkrankung, die nur Mädchen und Frauen betrafen. Heute erkranken auch immer mehr Jungen und Männer. Mädchen und Frauen sind aber nach wie vor deutlich häufiger betroffen.

 

Essstörungen können in jedem Alter auftreten. Besonders gefährdet sind jedoch Jugendliche während der Pubertät. Aber auch im mittleren Alter kann sich eine Essstörung entwickeln; zum Beispiel bei Frauen in den Wechseljahren.
Magersucht tritt vor allem zwischen 14 und 18 Jahren auf. Manche Kinder werden allerdings auch schon früher krank. An Bulimie und Binge-Eating erkranken vor allem Menschen im jungen Erwachsenenalter.

 

Es gibt keine bundesweiten repräsentativen Daten, wie häufig Magersucht, Bulimie und Binge Eating sind. Einzelne Symptome einer Essstörung haben bereits viele Jugendliche. Bei etwa einem Fünftel aller 11- bis 17-Jährigen liegt ein Verdacht auf eine Essstörung vor. Das zeigt eine Studie des Robert Koch Instituts (www.rki.de) zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Darin wurden erstmals bundesweite Daten zu Vorformen der Essstörungen erhoben; die einzelnen Formen der Essstörungen wurden aber nicht unterschieden.
Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass international von 100.000 Menschen zwischen 500 bis 1.000 magersüchtig sind; unter Bulimie leiden zwischen 2.000 und 4.000. Von der Binge Eating Störung sind 1.000 bis 3.000 von 100.000 Menschen betroffen. Die tatsächlichen Zahlen dürften jedoch deutlich höher liegen. Denn aus Scham suchen die Betroffenen häufig keine Beratung und Therapie auf.

 

Ja. Es lassen sich Steigerungen der Krankheitshäufigkeit feststellen. Von 100.000 Mädchen im Alter von 15 bis 24 erkanten früher 20 an Magersucht. Heute sind es 50. Ein Grund für den Anstieg scheinen gesellschaftliche Einflüsse wie z.B. das westliche Schönheitsideal zu sein.

 

Essstörungen sind von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu gehören:

biologische Aspekte (Genetik, Hirnfunktionsstörungen),persönlichkeitsbedingte Faktoren (Pubertät, Selbstbild und Selbstwertgefühl, Perfektionismus),gesellschaftliche Einflüsse (Schönheitsideale, Schlankheitsdruck),das soziale und familiäre Umfeld (Familie, Gleichaltrige).

Kalorienreduzierte Diäten begünstigen den Einstieg in die Erkrankung. Gesellschaftliche Faktoren wie das westliche Schönheitsideal, der Schlankheitswahn oder die Ausgrenzung von Menschen mit Übergewicht beeinflussen das Essverhalten. Auch Vergleiche mit Familienmitgliedern und Gleichaltrigen spielen eine Rolle. Im Verlauf einer Erkrankung kann sich eine gestörte Selbstwahrnehmung entwickeln. Die Betroffenen nehmen ihren Körper verzerrt wahr. Deshalb setzen sie ihr krankhaftes Essverhalten fort.

 

In den Medien, der Werbung oder der Modebranche, wird Schlankheit immer wieder mit Attraktivität und Erfolg gleichgesetzt. Das geltende Schönheitsideal und das negative Image von Menschen mit Übergewicht in der Gesellschaft spielen bei Essstörungen eine große Rolle. Verbunden mit Diäten oder kontrolliertem Essverhalten kann das Schönheitsideal ein Auslöser für Essstörungen sein.

 

Beantworten Sie für sich folgende Fragen:

  • Beginnt der Tag mit einem Blick auf die Waage?
  • Vermeiden Sie es, in den Spiegel zu schauen?
  • Sind Sie unzufrieden mit Ihrem Aussehen und Ihrer Figur?
  • Haben Sie Angst vor Übergewicht oder davor zuzunehmen?
  • Zählen Sie Kalorien?
  • Haben Sie ein zunehmendes Interesse an der Nahrungszusammensetzung?
  • Schmieden Sie immer wieder Diätpläne?
  • Wissen Sie genau, wie viel Sie essen dürfen?
  • Essen Sie selten das, was Sie möchten?
  • Lassen Sie Mahlzeiten regelmäßig ausfallen?
  • Wissen Sie, wie sich Sattsein anfühlt?
  • Spüren Sie einen starken Drang, das Essen direkt nach den Mahlzeiten wieder los zu werden?
  • Ziehen Sie sich immer mehr aus sozialen Kontakten zurück?
  • Bleibt Ihre Regel aus oder ist die Regel unregelmäßig?
  • Sind Sie körperlich sehr aktiv?
  • Sind Sie in der Schule, der Ausbildung, im Beruf und im privaten Bereich sehr leistungsorientiert?

Haben sie viele dieser Fragen mit Ja beantwortet? Und hoffen Sie, dass alles besser wird, wenn sie dünner sind? – Dann sollten Sie ihr Verhalten hinterfragen und Hilfe suchen.

 

Achten Sie auf Warnzeichen. Starke Gewichtsverluste und -schwankungen oder das Erbrechen nach dem Essen können auf eine Essstörung hindeuten. Wer die Signale frühzeitig erkennt, kann eine Erkrankung verhindern oder lindern. Besonders wichtig ist ein möglichst frühzeitiger Besuch einer ärztlichen oder psychotherapeutischen Praxis. Dies verbessert die Heilungs-Chancen erheblich. Für Freundinnen, Freunde und Angehörige gilt: Versuchen Sie nicht, die Betroffenen zu therapieren, sondern bieten Sie Ihre Unterstützung an. Dabei geht es nicht nur um das „Problem Essstörung“. Behalten Sie immer den ganzen Menschen im Blick. Bauen Sie zuerst Vertrauen auf und signalisieren Sie dann ihre Sorge.
Vor allem für Schulen gibt es mittlerweile Programme, um Essstörungen vorzubeugen. Hinweise zu Anbietern finden Sie auf der Seite www.bzgaessstoerungen.de.

 

Magersucht

Anorexie ist die medizinische Bezeichnung der Magersucht. Der Fachbegriff leitet sich von dem griechischen „anorektein" ab. Übersetzt heißt das soviel wie „ohne Appetit sein". Allerdings ist Appetitlosigkeit kein klassisches Symptom der Magersucht. Die Betroffenen versuchen vielmehr, den Appetit zu unterdrücken.

 

Ein Hinweis ist ein deutliches Untergewicht. Um dies zu erreichen, essen Menschen mit Magersucht nur winzige Mengen. Zusätzlich nehmen sie manchmal auch Appetitzügler, Abführ- oder Entwässerungsmittel ein. Die Betroffenen fühlen sich zu dick, obwohl sie dies objektiv nicht sind. Obwohl sie immer dünner werden, steigt ihre Angst, zuzunehmen. Sie verleugnen ihre Bedürfnisse und unterwerfen sich einer strengen Selbstkontrolle. Das vermittelt ihnen die Illusion von Stärke und Selbstständigkeit. Mehr und mehr ziehen sich Menschen mit Magersucht von anderen zurück.
Magersucht ist eine schwere Krankheit. Deshalb braucht man die Hilfe von Ärztinnen oder Ärzten und Therapeutinnen oder Therapeuten. Unter www.bzgaessstoerungen.de finden Sie eine Liste mit Beratungsstellen, Kliniken und sonstigen Anlaufstellen.

 

Magersucht kann in jedem Alter auftreten. Besonders gefährdet sind Jugendliche während der Pubertät. Am häufigsten ist Magersucht bei 14-Jährigen. Manche Kinder und Jugendliche bekommen diese Essstörung aber auch schon früher.
Betroffen sind vor allem Mädchen. Jungen und Männer erkranken seltener. Allerdings wird die Essstörung bei Jungen und Männern oft erst spät erkannt. Denn Magersucht gilt immer noch als typisch weibliche Krankheit.

 

Ja. 60 Prozent der Menschen mit Magersucht bekommen im Laufe der Zeit Essattacken und unterbrechen ihre Dauerdiät. Zum Beispiel weil der Hunger unerträglich wird oder weil sie dem Drängen der Eltern nachgeben. Allerdings versuchen die Betroffenen ihre Essanfälle wieder „ungeschehen" zu machen. Sie erbrechen, treiben übermäßig Sport oder nehmen Abführmittel und andere Medikamente ein. In etwa 20 bis 30 Prozent der Fälle entwickelt sich im Verlauf der Magersucht eine bulimische Essstörung.

 

Ja. Das niedrige Gewicht kann

den Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt stören,die Herzfunktion beeinträchtigen undden Blutdruck gefährlich senken.

Diese Faktoren können lebensbedrohlich sein. Die dauerhafte Mangelernährung kann auch den Knochenstoffwechsel stören. Damit ist das Risiko verbunden, bereits als junger Erwachsener an Knochenschwund (Osteoporose) zu erkranken. In besonders schlimmen Fällen kann die Magersucht das Herz und andere Organe schädigen. Schwerwiegende Organschäden können tödlich enden. Etwa jede zehnte Patientin bzw. Patient stirbt in den ersten zehn Jahren der Krankheit. Ein Teil der Betroffenen begeht Selbstmord.
Je früher eine professionelle Beratung und Behandlung beginnt, desto größer sind die Heilungschancen. In spezialisierten Zentren können die Betroffenen besser versorgt werden. Die Sterberate scheint dadurch zurückzugehen.

 

 

Bulimie

Seit 1979 ist die Bulimie als eine eigenständige Essstörung beschrieben. Der Begriff leitet sich von den griechischen Wörtern für Ochse (bous) und Hunger (limos) ab: Ochsenhunger. Er bezieht sich damit auf das zentrale Merkmal der Bulimie: die Essattacken.
Eingebürgert hat sich, Bulimie mit Ess-Brech-Sucht zu „übersetzen". Das ist nicht ganz exakt: Erbrechen gehört nicht zwingend dazu. Manche Betroffene fasten, treiben übermäßig Sport oder missbrauchen Abführmittel, um ihr Gewicht zu regulieren.

 

Menschen mit Ess-Brech-Sucht (Bulimie) sind meist normalgewichtig und unauffällig. Nach außen hin scheint alles zu funktionieren. Innen sieht das anders aus. Menschen, die an Bulimie leiden, erleben regelmäßig unkontrollierbare Essattacken. In kurzer Zeit schlingen sie große Mengen an fett- und zuckerreichen Lebensmitteln herunter. Anschließend versuchen sie, die Kalorienzufuhr rückgängig zu machen. Viele erbrechen sich nach den Essattacken. Andere nehmen Abführmittel, treiben übermäßig Sport oder halten strenge Diäten ein.
Für ihr Verhalten schämen sich die Betroffenen. Sie ekeln sich vor sich selbst und haben das Gefühl, nicht normal zu sein. Häufig ziehen sie sich zurück, damit nahe stehende Personen nichts mitbekommen. Auch die Anfälle passieren in der Regel heimlich.

 

Von den Erkrankten 2000 bis 4000 Menschen in Deutschland, sterben ca. 0,5 bis 1 Prozent. Wenn die Bulimie lange andauert, können lebensbedrohliche Gesundheitsschäden entstehen. Je früher eine professionelle Beratung und Behandlung beginnt, desto größer sind die Chancen auf Heilung.

 

Binge Eating

„Binge“ bedeutet „schlingen“. Auch beim Binge Eating leiden die Erkrankten an regelmäßigen Heißhungerattacken. Anders als bei der Bulimie ergreifen die Betroffenen aber nach Essanfällen keine Gegenmaßnahmen. Sie erbrechen oder hungern nicht und treiben auch keinen extremen Sport, um ihr Gewicht zu vermindern.
Die Binge-Eating-Störung ist meist mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) verbunden. Das bedeutet aber nicht, dass Menschen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit automatisch an Binge Eating leiden. Und auch Menschen mit Normalgewicht können an der Binge-Eating-Störung erkranken. Von den psychisch bedingten Essstörungen ist das Binge Eating bisher am wenigsten erforscht.

 

Hierzu liegen nur wenige Daten vor. Diese deuten darauf hin, dass die Binge-Eating-Störung bei Männern seltener auftritt als bei Frauen. Allerdings kommt diese Essstörung bei Männern deutlich häufiger vor als andere Essstörungen.

 

Etwa ein bis drei Prozent der Bevölkerung sind von Binge Eating betroffen. Von 100 Menschen mit Übergewicht, die abnehmen wollen und deshalb eine Arztpraxis aufsuchen, haben 15 bis 30 eine Binge-Eating-Störung.

 

Essstörungen können in jedem Alter auftreten. Die Binge-Eating-Störung tritt meist im frühen Erwachsenenalter oder um die Lebensmitte das erste Mal auf. Auch Kinder können schon unter Essanfällen leiden. Das volle Krankheitsbild der Binge-Eating-Störung ist bei ihnen jedoch selten.

 

Menschen mit einer Binge-Eating-Störung ergreifen nach den Essanfällen keine Maßnahmen, um wieder abzunehmen. Deshalb sind sie sehr oft leicht oder stark übergewichtig. Das heißt aber nicht, dass alle Menschen mit Übergewicht an Binge-Eating leiden. Von denen, die an Abnehmprogrammen teilnehmen, haben rund 15 bis 30 Prozent diese Störung.

 

Kalorienreduzierte Diäten

Es gibt einen Zusammenhang. Wie groß er ist, ist wissenschaftlich unklar. Hierzu gibt es nur wenige Daten. Denn Essstörungen können viele Ursachen haben. Eine Diät zum Abnehmen kann aber der Einstieg in eine Essstörung sein. Wichtig ist, dass Umfeld und Familie die Betroffenen rechtzeitig über die Gefahren aufklären - und rechtzeitig eingreifen, wenn es problematisch wird.

 

Zunächst sollte in einer kinder- und jugendärtzlichen Praxis untersucht werden, ob das Kind tatsächlich übergewichtig ist. Hat die Ärztin oder der Arzt empfohlen, abzunehmen, sollte ein Therapieprogramm, das speziell für übergewichtige Kinder und Jugendliche entwickelt wurde, besucht werden. Solche Programme helfen, das Gewicht auf gesunde Weise zu normalisieren, ohne, dass dabei Erkrankungen oder Essstörungen entstehen. Die Betroffenen sowie ihre Familien lernen dort, sich dauerhaft ausgewogen und gesund zu ernähren sowie regelmäßig zu bewegen. Strenge kalorienreduzierte Diäten, Medikamente oder Operationen zur Gewichtsreduktion sind für Kinder nicht geeignet.

Hilfe bei der Beurteilung von Therapiemaßnahmen für übergewichtige Kinder und Jugendliche bekommten sie auf der Internetseite www.bzgakinderuebergewicht.de.

 

Body Mass Index (BMI)

Der Body Mass Index (BMI) beschreibt das Verhältnis von Körpergröße zu Körpergewicht. Das Besondere am BMI: Er gibt „Spielräume“ vor, in denen sich das Gewicht je nach körperlicher Veranlagung bewegen kann. Der BMI wird nach folgender Formel berechnet: Das Körpergewicht (in Kilogramm) wird durch die doppelte Körpergröße (in Meter) geteilt.

Für Erwachsene gilt folgende Einordnung:

  • Untergewicht: BMI weniger als 18,5
  • Normalgewicht: BMI 18,5 bis 24
  • Übergewicht: BMI ab 25
  • Starkes Übergewicht (Adipositas): BMI über 30
  • Extreme Adipositas: BMI über 40

Das Gewicht von Leistungssportlern, Bodybuildern, Schwangeren und stillenden Mütter kann nicht mit dem BMI beurteilt werden.

 

Ja, aber nur bezogen auf alters- und geschlechtsspezifische Normwerte. Bei Kindern und Jugendlichen verändert sich die Körperzusammensetzung im Laufe ihres Wachstums. Pubertätsbedingt verändern sich Muskel- und Fettanteil bei Jungen und Mädchen unterschiedlich. Deshalb sagt der errechnete BMI allein nichts aus. Er muss anhand von Wachstumskurven für Jungen oder von jenen für Mädchen verglichen werden. Fachleute sprechen dabei von geschlechtsbezogenen BMI-Perzentilen. Perzentilen sind Prozentangaben. Wird das Körpergewicht eines Kindes in Perzentilen ausgedrückt, bedeutet dies, dass das Körpergewicht in Bezug auf das Körpergewicht der Altersgenossen angeben wird.

Ein Beispiel: Liegt der individuell errechnete BMI-Wert eines 14-jährigen Mädchens auf der 15. Perzentile, heißt das, dass 15 Prozent der 14-jährigen Mädchen der Referenzgruppe einen niedrigeren BMI-Wert haben, 85 % haben einen höheren BMI-Wert. Der BMI des Mädchens ist damit im Vergleich zu den gleichaltrigen Mädchen eher niedrig.

Für Kinder gelten folgende Referenzwerte:

  • Starkes Untergewicht: BMI liegt unterhalb der 3. Perzentile
  • Untergewicht: BMI liegt zwischen der 3. und der 10. Perzentile
  • Normalgewicht: BMI liegt zwischen der 10. und der 90. Perzentile
  • Übergewicht: BMI liegt über der 90. Perzentile
  • Starkes Übergewicht: BMI liegt über der 97. Perzentile
 

Starkes Untergewicht ist eines der Kriterien für die Essstörung Magersucht. Doch Untergewicht kann auch andere Ursachen haben. Deshalb sollten Betroffene eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Sind Kinder und Jugendliche betroffen, sollte eine kinder- und jugendärztliche bzw. kinder- und jugendpsychiatrische Praxis aufgesucht werden. Dort kann festgestellt werden, ob eine Essstörung vorliegt oder ob das niedrige Gewicht etwa organische Ursachen hat.

Es gibt verschiedene Anzeichen, die auf eine Essstörung hindeuten. Ein Beispiel für solche Anzeichen: Die Gedanken kreisen nur noch um das Thema Essen und Gewicht - oder beides wird ständig kontrolliert. Dann ist es sinnvoll, eine Beratungsstelle, eine Klinik oder eine psychotherapeutische Praxis, bei Kindern und Jugendlichen eine kinder-und jugendpsychiatrisch-psychotherapeutische Praxis aufzusuchen.

Eine Liste mit Psychotherapieangeboten finden Sie auf www.psychotherapiesuche.de oder www.psychotherapeuten-liste.de. Unter www.bzga-essstoerungen.de können Sie eine passende Beratungsstelle, Klinik oder andere Anlaufstelle finden.

 

Nein. Untergewicht kann auch Ausdruck einer organischen Erkrankung sein. Starkes Untergewicht ist nur eines der Kriterien für die Essstörung Magersucht. Für andere Essstörungen ist der BMI kein aussagekräftiges Kennzeichen. Wer von einer Essstörung betroffen ist, kann extrem mager, normalgewichtig, aber auch extrem übergewichtig sein. Menschen, die zum Beispiel an der Essstörung Binge-Eating leiden, sind häufig leicht bis deutlich übergewichtig. Der Umkehrschluss gilt aber nicht: Nicht jeder Mensch mit Übergewicht hat zwangsläufig eine Essstörung.

Ein Verdacht auf Magersucht kann bestehen,

  • wenn Kinder und Jugendliche nicht dem Alter entsprechend zunehmen oder
  • wenn Jugendliche mehr als drei bis vier Kilo abnehmen, ohne dass es dafür eine andere medizinische Erklärung gibt.
 

Die Waage muss nicht jeden Tag exakt dieselbe Zahl anzeigen. Schwankungen von ein bis zwei Kilo sind normal. Ursache dafür sind z.B. Wassereinlagerungen im Körper, hormonelle Schwankungen, ein gefüllter Darm oder eine gefüllte Blase.

 

Übergewicht

Nein. Unter Adipositas versteht man starkes Übergewicht. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort adeps (=Fett) ab und bedeutet, dass das Fettgewebe im Körper des Menschen vermehrt ist. Adipöse Menschen sind nicht automatisch essgestört. Näher Informationen gibt es unter www.adipositasgesellschaft.de

 

Beratung

Auf der Internetseite www.bzga-essstoerungen.de können Sie sich über Einrichtungen informieren, die auf Essstörungen spezialisiert sind. Eine Suchmaschine erstellt Ihnen eine Liste mit Anlaufstellen in Ihrer Nähe. Wenn Sie diese einzeln aufrufen, erfahren Sie, welche Beratungs- oder Behandlungsarten angeboten werden. Hier finden Sie auch die Kontaktdaten und einen Link zur Internetseite des jeweiligen Trägers. Dort werden die Angebote ausführlich vorgestellt.

Weitere Informationsquellen für Adressen von spezialisierten Einrichtungen sind:

  • Kliniken für Kinder und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und Kinderkliniken,
  • Ärztinnen und Ärzte, Kinder- und Jugendärztinnen und Kinder- und Jugendärzte, Ärztinnen und Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und Therapeutinnen und Therapeuten,
  • Lehrerinnen und Lehrer,
  • Kinder- und Jugend-Telefon, Mädchen- und Frauen-Telefon und Suchttelefon,
  • Telefonbücher oder Internetsuchmaschinen,
  • Stadtzeitungen und Bücher zum Thema.
 

Ja, wenn Sie das möchten. Weder im persönlichen Beratungsgespräch noch am Telefon oder bei der Online-Beratung müssen Sie Ihren Namen nennen. Minderjährige sollten ihre Eltern in die Beratung einbinden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden Sie darauf ansprechen. Aber auch bei Volljährigen ist es häufig sinnvoll, die Eltern einzubeziehen.
Lehrkräfte, Vertrauenslehrerinnen und Vertrauenslehrer sind dazu verpflichtet, die Eltern über alle wesentlichen Angelegenheiten der Kinder zu informieren. Falls Kinder und Jugendliche sich einer Lehrerin oder einem Lehrer anvertrauen, sollten sie besprechen, wie sie die Eltern einbeziehen wollen und können.

 

In einigen Fällen muss man für die Beratung bezahlen. Dies hängt ab von der Beratungsstelle und der konkreten Leistung. Betroffene sollten sich vorab über die Kosten informieren. Außerdem können sie bei der Krankenkasse nach einer Kostenerstattung fragen.

 

Menschen mit Adipositas sollten bei der Beratungsstelle für Essstörung nachfragen, ob auch sie beraten werden können. Meist sind für diese Erkrankung andere Beratungsstellen zuständig.

 

Viele Beratungsstellen sind für Männer und Frauen gleichermaßen da. Es gibt aber Ausnahmen. Frauenberatungsstellen und Mädchenhäuser zum Beispiel sind speziell auf weibliche Betroffene ausgerichtet. Fragen Sie direkt beim ersten Kontakt mit der Beratungsstelle nach Angeboten für Männer.

 

Erste Anlaufstelle hierfür ist die zuständige Kinder- und Jugendärztin bzw. der zuständige Kinder- und Jugendarzt (www.dgkj.de   und www.kinderaerzte-imnetz.de). Auch Ärztinnen und Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie bieten Hilfe an.
Die Fütterstörung ist keine klassische Essstörung. Sie gehört zu den frühkindlichen Regulationsstörungen. Die Ursachen sind organisch oder seelisch. Oft treten mehrere Störungen gleichzeitig auf. So haben Kinder mit Fütterstörungen oft auch Gedeih-, Schlaf- oder Schreiprobleme. An Kliniken, Arztpraxen, Erziehungsberatungsstellen oder Gesundheitsämter angegliederte „Schreiambulanzen“ bzw. Beratungsstellen für Kinder im Alter von 0 - 3 Jahren bieten hierbei entsprechende Angebote an.
Ein deutschlandweites Adressverzeichnis für Beratungsstellen, die bei Regulationsstörungen von Kindern helfen, finden Sie im Online-Angebot der BZgA (www.kindergesundheit-info.de).

 

Nein, es gibt auch Beratungsstellen nur für Erwachsene. Dort erfahren Sie aber, welche Einrichtung in Ihrer Nähe auch für Kinder und Jugendliche da ist.

 

Einige Einrichtungen bieten Fortbildungsmaßnahmen für Fachleute an. Außerdem gibt es Projekte zur Vorbeugung für Schulen und andere Interessierte. Das Angebot reicht von kleineren Vorträgen bis hin zu mehrtägigen Seminaren.

Unter www.bzga-essstoerungen.de finden sie Informationen und Angebote Prävention und Fortbildung.

 

Telefonberatung der BZgA

Das Team besteht aus Medizinerinnen und Mediziner, Diplom-Pädagoginnen und Diplom-Pädagogen, Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Während der Sprechstunden beantworten jeweils ein bis drei Fachkräfte die Fragen.
Sie werden regelmäßig fortgebildet - sowohl zur Beratungsarbeit am Telefon als auch zu den Inhalten. Darüber hinaus finden regelmäßig Teamsitzungen statt. Die Beraterinnen und Berater besprechen die Fälle und werten Fachpresse aus. All das sorgt für eine hohe Qualität der Beratung.

 

Die Beraterinnen und Berater melden sich am Telefon mit ihrem Namen. Möchten Sie mit einer bestimmten Person noch einmal sprechen, können Sie gerne beim nächsten Telefonat nach ihr fragen.

 

Ja, das Beratungstelefon ist auch für Angehörige, Freundinnen und Freunde da. Die Berater helfen dabei, die Situation einzuschätzen. Gemeinsam mit der Anruferin oder dem Anrufer überlegen sie, was als Nächstes zu tun ist. Außerdem vermitteln sie Adressen von Beratungsstellen, Kliniken und anderen Anlaufstellen.

 

Im Vergleich zu den Frauen sind männliche Anrufer eher selten. In den zurückliegenden Jahren ist die Zahl der männlichen Anrufer aber gestiegen.

 

Ja. Es fallen aber die üblichen Telefonkosten an.

 

Die Beratung über das Internet ist zum Teil kostenpflichtig. Informieren Sie sich vorab beim jeweiligen Anbieter über die genauen Kosten. Dazu kommen Ihre Internet-Gebühren.

 

Prävention

Mittlerweile gibt es eine Reihe von Maßnahmen, in denen unter anderem über Essstörungen aufgeklärt wird um diese vorzubeugen oder um sie frühzeitig zu erkennen. Viele dieser Maßnahmen haben das Ziel zur Stärkung der Lebenskompetenzen von Jugendlichen beizutragen. Die Förderung des Selbstwertgefühls, der Kritische Umgang mit den Medien und dem darin vermittelten Schönheitsideal, das Erlernen mit Gefühlen umzugehen sowie die Entwicklung eines positiven Körpergefühls können Inhalte sein.

Auf www.bzga-essstoerungen.de sind solche Angebote nach Postleitzahlen geordnet zu finden.

Einige Programme werden in den Schulunterricht integriert an denen alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Zum Teil werden Jungen und Mädchen in diesen Programmen getrennt. Es sollte berücksichtigt werden, dass mit der Thematisierung des Themas Essstörungen auch die Gefahr verbunden ist essstörungstypische Verhaltensweisen nachzuahmen.

 

Allgemein gilt: Wer helfen will, muss zuerst Vertrauen aufbauen! Vermeiden Sie Kritik am Essverhalten und der Figur. Versuchen Sie, die Persönlichkeit stets als Ganzes wahrzunehmen. Der bzw. die Betroffene sollte nicht das Gefühl haben, nur aufgrund seiner Erkrankung beachtet zu werden. Denn so entsteht keine Motivation, sich helfen zu lassen.
Gehen Sie möglichst frühzeitig in eine ärztliche Praxis. Der Grund: Starker Gewichtsverlust kann auch organische Ursachen haben, z. B. eine Fehlfunktion der Schilddrüse. Auch Psychotherapeutinnen bzw. Psychotherapeuten können Betroffenen helfen. Suchen Sie Fachleute auf, die bereits Erfahrung bei der Behandlung von Essstörungen haben.
Auf keinen Fall sollten Sie versuchen, die Betroffenen selbst zu therapieren. Sie geraten dabei immer in einen Rollenkonflikt. Üben Sie bei Hinweisen auf eine mögliche Essstörung weder Druck noch Zwang aus. Machen Sie aber deutlich, dass Sie das auffällige Essverhalten als Problem wahrnehmen.
Versuchen Sie, die eigene Motivation der Betroffenen zu stärken, sich professionelle Hilfe zu suchen. Machen Sie Vorschläge. Überlassen sie Ihrem Kind die Wahl der Ärztin oder des Arztes. Volljährige sollten selbst entscheiden, ob sie alleine oder in Begleitung in die ärztliche Praxis gehen wollen.
Machen Sie Ihrem Kind deutlich, dass Sie als Eltern auf die Einschätzung von Fachleuten angewiesen sind. Besonders dann, wenn der Gewichtsverlust sehr stark ist oder Komplikationen auftreten wie Kreislaufprobleme oder unregelmäßige Monatsblutungen.

 

Beobachten sie Ihr Kind, Ihren Schützling oder sich selbst. Achten Sie auf folgende Warnzeichen:

  • das Gefühl, zu dick zu sein – trotz Gewichtsverlustes bis hin zum Untergewicht,
  • auffällige Rituale wie ein extrem langes Kauen oder eine übertriebene Zerkleinerung des Essens,
  • Hunger wird trotz strenger Diät verleugnet,
  • übertriebener Sport, sogar bei Verletzung oder Krankheit,
  • zwanghaftes Verhalten – z.B. werden Nahrungsmittel in »gut« und »schlecht« eingeteilt,
  • Erbrechen nach dem Essen oder ein regelmäßiger Rückzug ins Bad,
  • Heißhungeranfälle, heimliches Essen, Stehlen von Essen.
 

Behandlung

Bei der Behandlung arbeiten Fachleute aus den Bereichen Medizin, Ernährungstherapie sowie Psychotherapie zusammen. Dabei berücksichtigen sie die unterschiedlichen, oft sehr individuellen Ursachen für die Essstörung.
In der Regel legt ein therapeutisches Team gemeinsam Ziele und Behandlungsmöglichkeiten fest.

Die Behandlung umfasst fünf wesentliche Punkte:

  • Gewichtszunahme und die Behandlung körperlicher Komplikationen,
  • Ernährungsberatung und Therapie,
  • Individuelle Psychotherapie,
  • Elternberatung und /oder Familientherapie,
  • Behandlung von Störungen, die zusätzlich im Verlauf der Essstörung aufgetreten sind.
 

Ein Klinikaufenthalt kann zwischen drei Wochen und sechs Monaten dauern. Die Dauer einer ambulanten Therapie legen die Therapeutin bzw. der Therapeut und die Patientin bzw. der Patient gemeinsam fest. Die Krankenkassen genehmigen in der Regel 25 Sitzungen. Der oder die Betroffene kann jedoch auch eine Verlängerung oder eine von vornherein höhere Stundenzahl beantragen. Bei einer Psychoanalyse zum Beispiel sind womöglich mehr Stunden nötig. Bei einer Behandlung von Kindern oder Jugendlichen durch eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin oder einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten gelten andere Rahmenbedingungen. Informieren Sie sich vorab bei dem Therapeuten bzw. der Therapeutin oder bei einer Beratungsstelle über die Möglichkeiten.

 

Eine Ernährungsberatung alleine kann eine Essstörung nicht beseitigen. Sie wird aber als begleitende Methode neben der medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung eingesetzt. Die Ernährungsfachkräfte sollten eine Zusatzausbildung haben.

 

Ja, auf jeden Fall. Eine Essstörung wie die Magersucht oder die Bulimie ist eine gesundheitsgefährdende psychische Erkrankung. Sie kann auf Dauer sogar lebensbedrohlich sein. Ohne professionelle Hilfe finden die Betroffenen keinen Ausweg aus der Krankheit. Deshalb sind eine psychotherapeutische Behandlung und weitere begleitende medizinische Maßnahmen auf jeden Fall notwendig. Eltern und Angehörige können die Betroffenen unmöglich ohne professionelle Unterstützung heilen.

 

Grundsätzlich ist das möglich. Für einige Patientinnen und Patienten kann es besonders hilfreich sein, die Therapie außerhalb des täglichen Lebensumfelds zu machen. Allgemein ist es sinnvoll, psychosomatische Einrichtungen aufzusuchen. Das sind Einrichtungen, in denen besonders auf den Zusammenhang zwischen seelisch-geistigen und körperlichen Beschwerden geachtet wird.

 

Es ist sinnvoll, eine psychosomatische Klinik aufzusuchen. Dort wird gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten ein Verständnis für die Entwicklung der Essstörung in der individuellen Lebensgeschichte erarbeitet. Zudem wird die Bedeutung der Essstörung für das seelische Gleichgewicht wie auch die Gefühlsregulation der Betroffenen transparent gemacht. Denn, das ist klar: jeder Betroffene hat eigene Beweggründe, warum man in der Essstörung lange Zeit einen „Halt" gefunden hat – auch, wenn dieser Halt viele gesundheitliche, seelische und soziale Folgeprobleme mit sich bringt.

 

Psychosomatische Kliniken haben unterschiedliche Therapiemethoden im Angebot, um mit den Patientinnen und Patienten einen Weg aus der Essstörung herauszufinden und sie für ein „Leben ohne Essstörung" zu stärken. Die Behandlung ist einerseits „somatisch", d.h. auf die Stabilisierung des körperlichen Zustands ausgerichtet. Dabei werden ernährungsmedizinische und internistische Therapie mit einbezogen. Andererseits ist die Behandlung auf die „Psychische Stabilisierung" orientiert. Hier werden unterschiedliche Psychotherapiemethoden angewandt: verbale Verfahren (wie z.B. Tiefenpsychologie oder Verhaltenstherapie) und kreative Verfahren, körperorientierte Psychotherapie und Entspannungsmethoden.

 

In der Regel hat jede Universitätsklinik in Deutschland eine psychosomatische Klinik und Poliklinik. In deren Ambulanz erhalten Patientinnen und Patienten eine ausführliche Diagnostik und individuelle Beratung über stationäre Behandlungsangebote für die Behandlung von Essstörungen. Ihre Ärztin oder Ihre Arzt kann Ihnen ebenfalls Auskunft über psychosomatische Kliniken geben.

 

Ärztinnen und Ärzte können einen Betroffenen einweisen, wenn z.B. akute Lebensgefahr besteht oder schwere gesundheitliche Schäden drohen. Wenn Eltern ihr minderjähriges Kind gegen dessen Willen einweisen wollen, müssen sie einen Antrag beim Familiengericht stellen. Zusätzlich benötigen sie eine ärztliche Stellungnahme dazu, wie gefährlich der Zustand ist. Dies ist eine gesetzliche Vorraussetzung nach § 1631 B des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
In vielen Fällen lohnt sich ein Vorgespräch mit dem Jugendlichen in der Klinik. Es kann vermeiden, dass der oder die Betroffene gegen den eigenen Willen ins Krankenhaus muss.

 

Grundsätzlich Ja. Krankenkassen und Rentenversicherungsträger arbeiten jedoch häufig mit bestimmten Kliniken zusammen und bevorzugen diese. Bei der Entscheidung spielt auch die Empfehlung der Ärztin oder des Arztes sowie der Therapeutin oder des Therapeuten eine Rolle.
Bei Privatkliniken steht Ihnen die Wahl frei, wenn Sie die Kosten selber übernehmen. Gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin sollten Sie im Antragsschreiben möglichst gut begründen, warum die Wunschklinik genau zu Ihnen passt. Die Klinken entscheiden selbst, ob die oder der Betroffene ausreichend motiviert ist und in die Klinik passt.

 

Eine akute Gesundheitsgefahr besteht unter anderem bei

  • gleichzeitiger Drogen- Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit,
  • einem rapidem Abfall des Gewichtes in einen lebensbedrohlichen Bereich,
  • akuten körperlichen Folgeerscheinungen wie beispielsweise schwere Herz- Kreislaufstörungen,
  • schweren Depressionen und Psychosen sowie
  • Selbstmordgefahr.
 

Geeignete Klinken empfehlen neben Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auch die Krankenkassen und Beratungsstellen für Essstörungen.

 

Erste Informationen über spezialisierte Kliniken erhalten Sie über

  • Hausärztinnen oder Hausärzte,
  • Kinder- und Jugendärztinnen oder Kinder- und Jugendärzte,
  • Ärztinnen und Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
  • Therapeutinnen und Therapeuten,
  • Beratungsstellen für Essstörungen,
  • Krankenkassen oder
  • Internetseiten der Kliniken.
  • Ausführliche Informationen bekommen Sie telefonisch oder bei einem Beratungsgespräch vor Ort.

Niedergelassene Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten informieren im Internet über ihre jeweilige Therapierichtung. Darüber hinaus genehmigen die gesetzlichen Krankenkassen bis zu fünf Probesitzungen. Diese werden auf Krankenschein abgerechnet. Die Probesitzungen sollen klären, ob eine Psychotherapie überhaupt sinnvoll ist und ob die Patientin bzw. der Patient und die Therapeutin bzw. der Therapeut zueinander passen.
Bei niedergelassenen Therapeutinnen und Therapeuten müssen Sie mitunter mit langen Wartezeiten rechnen. Beratungsstellen mit ambulanten Angeboten informieren per Telefon, im Beratungsgespräch oder bei Informationsveranstaltungen über ihr Therapieangebot. Auch hier sind Probesitzungen möglich.

 

Angehörige

Lassen Sie sich in einer Beratungsstelle mit dem Schwerpunkt Essstörungen oder einer psychosomatischen Ambulanz beraten. Hier bekommen Sie Tipps. Sie erfahren, wie Sie sich verhalten sollten und wie sie die betroffene Person zu einer Therapie bewegen können. Denn Überredungskünste oder gar Zwang helfen nicht weiter. Dort erfahren Sie auch, wann ein körperlicher Zustand lebensbedrohlich ist und ein sofortiges Handeln erforderlich wird.

 

Zunächst können Sie sich innerhalb dieses Online-Angebotes ausführlich über jede Essstörung informieren. Hier werden Ihnen die Ursachen und Symptome vorgestellt und Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Sie sollten Ihre Sorgen auf jeden Fall ernst nehmen. Doch ob tatsächlich Magersucht, Bulimie oder Binge-Eating vorliegt, können nur Fachleute feststellen. Sie wissen auch, welche Behandlung möglicherweise ratsam oder notwendig ist. Empfehlenswert wäre es, wenn die Person als erstes ein Beratungsgespräch führt. Beispielsweise bei einer Beratungsstelle für Essstörungen, oder bei einer Psychotherapeutin bzw. einem Psychotherapeuten.
Darüber hinaus steht Ihnen und der betroffenen Person das anonyme Beratungstelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Verfügung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantworten ihre Fragen rund um das Thema Essstörungen. Unter der folgenden Telefonnummer bekommen Sie eine Erstberatung sowie Adressen, an die Sie sich wenden können.

Beratungstelefon der BZgA:

0221 – 89 20 31

MO–DO 10.00–22.00 Uhr

FR–SO 10.00–18.00 Uhr

(Preis entsprechend der Preisliste ihres Telefonanbieters für Gespräche in das Kölner Ortsnetz)

 

Selbsthilfe

Ja, die Selbsthilfeangebote gelten für Personen, die Betroffenen nahe stehen. Eine Selbsthilfegruppe soll Familie und Freunde entlasten. Sie können sich mit anderen austauschen und neue Wege finden, mit den Betroffenen umzugehen. Bevor Sie an einer Selbsthilfegruppe teilnehmen, sollten Sie sich zunächst in einer Beratungsstelle beraten lassen, Sie erfahren so mehr über die Merkmale der jeweiligen Essstörung. Außerdem können Sie sich über Hilfsangebote und die Arbeitsweise einer Selbsthilfegruppe informieren.

 

Offene Selbsthilfegruppen kann man jederzeit probeweise besuchen und dann entscheiden, ob man weiter teilnehmen möchte. Die Teilnehmer können die Gruppe jederzeit wieder verlassen. Geschlossene oder angeleitete Gruppen kann man in der Regel probeweise besuchen. Voraussetzung dafür ist aber Vorgespräch vor Ort oder am Telefon. Dabei wird gemeinsam entschieden, ob eine Probesitzung im individuellen Fall sinnvoll ist. Manche dieser Gruppen bieten auch offene Informationsabende an.
In einer geschlossenen Gruppe verpflichten Sie sich, über einen bestimmten Zeitraum regelmäßig teilzunehmen.

 

Es gibt viele Selbsthilfegruppen. Sie arbeiten nach unterschiedlichen Ansätzen. Deshalb ist es sinnvoll, sich über die verschiedenen Arbeitsweisen zu informieren. Die Beratungsstellen für Essstörungen unterstützen Sie, wenn Sie eine passende Selbsthilfegruppe suchen. Informationen über Selbsthilfegruppen finden Sie auch im Internet. Darüber hinaus helfen die Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen (www.nakos.de).

 

Meist ist die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kostenlos. Manche erheben eine geringe Gebühr. Die einzelnen Selbsthilfegruppen regeln das unterschiedlich. Am besten erkundigen Sie sich vorab.

 

Männer und Essstörungen

Nein. Frauen haben zwar häufiger eine Essstörung als Männer. Aber beispielsweise bei den Magersüchtigen ist der Anteil der Männer bei fünf bis zehn Prozent. In Deutschland sind damit etwa 90 000 Jugendliche und junge Männer betroffen.

 

Es gibt viele verschiedene Anzeichen für eine Essstörung. Vorsicht ist geboten wenn die betroffene Person

  • sich übertrieben stark mit dem Thema Nahrung beschäftigt,
  • ständig nur ans Essen oder Nicht-Essen denkt,
  • sich extrem einseitig ernährt,
  • isst oder hungert, um Gefühle zu unterdrücken oder Konflikte zu vermeiden,
  • stark an Gewicht verliert,
  • ein gestörtes Körper- und Selbstwertgefühl hat,
  • unter Hormonveränderungen leidet,
  • übertrieben viel Sport treibt oder
  • leistungssteigernde Substanzen wie Anabolika einnimmt (Hinweise dafür können körperliche Anzeichen wie z.B. Akne oder Veränderungen an den Brustwarzen sein)
 

Viele Beratungsstellen sind für Männer und Frauen gleichermaßen da. Es gibt aber Ausnahmen. Frauenberatungsstellen und Mädchenhäuser zum Beispiel sind speziell auf weibliche Betroffene ausgerichtet. Fragen Sie direkt beim ersten Kontakt mit der Beratungsstelle nach Angeboten für Männer. Darüber hinaus können Sie das anonyme Beratungstelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nutzen. Die Mitarbeiter beantworten ihre Fragen rund um das Thema Essstörungen.

Unter der folgenden Telefonnummer bekommen Sie eine Erstberatung sowie Adressen, an die sie sich wenden können. Beratungstelefon der BZgA

0221-89 30 21

MO–DO 10.00–22.00 Uhr

FR–SO 10.00–18.00 Uhr

(Preis entsprechend der Preisliste ihres Telefonanbieters für Gespräche in das Kölner Ortsnetz)

 

Internet

Vorsicht vor Websites oder Beiträgen im Internet, die Essstörungen verherrlichen! Im Internet gibt es viele Informationen zu Essstörungen. Doch manche Angebote sind nicht seriös. Sie verherrlichen die Krankheiten als Lebensstil, als Modeerscheinung und verharmlosen bewusst ihre Folgen für die Gesundheit. Das zeigt sich schon an den verniedlichenden Bezeichnungen: „Pro Ana“ steht für Magersucht (Anorexia nervosa) und „Pro Mia“ für Bulimie (Bulimia nervosa). Auch auf Videoplattformen, in Blogs, sozialen Netzwerken, Diskussionsforen oder Chats kann es Beiträge zu Pro Ana oder Pro Mia geben.
Statt Hilfe zu geben, um aus der Erkrankung auszusteigen, spornen die Beiträge und Angebote dazu an, an der Essstörung festzuhalten. Sie motivieren zum Nachahmen und Durchhalten. Der Austausch in geschlossenen Zirkeln stärkt die eigene verzerrte Körperwahrnehmung. Zunehmend geht der Bezug zur Realität verloren. Die Gemeinschaft im Internet suggeriert ein Wir-Gefühl, das die Betroffenen abhalten kann, sich gegen die Krankheit zu stellen. Alles zielt darauf ab, die Krankheit zu erhalten, und das hat schwere gesundheitliche Folgen.

Folgendes weißt auf Pro Ana und Pro Mia hin:

  • Anas Brief / Mias Brief der die Essstörung als einzig wahre Freundin darstellt,
  • Gebote, Gesetze, Glaubensbekenntnisse, Psalmen, Verhaltensanweisungen in Form von Glaubensregeln,
  • Fotos und Videos als Inspiration zum Dünnsein, so genannte Thinspirations (thin = englisch "dünn"),
  • Tipps und Tricks zum Abnehmen und zum Geheimhalten der Essstörung,
  • Motivation und „Hilfen“, z. B. in Form von Motivationsverträgen, Abnehm-Wettbewerben, Ess- und Gewichtstagebüchern, Suche nach Partnerinnen und Partnern zum Abnehmen,
  • Pro-Ana- und Pro-Mia-Foren, häufig „hinter verschlossenen Türen“ (der Zugang ist nur mit einem Passwort möglich).

Wenn Sie auf Pro-Ana- oder Pro-Mia-Angebote treffen, melden Sie diese bei www.jugendschutz.net, bei www.internet-beschwerdestelle.de oder beim Internetanbieter.

Mehr Information finden Sie in der Broschüre „Gegen Verherrlichung von Essstörungen im Internet" vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (www.bmfsfj.de).

 

Kontakt

Klinik Hochried
Zentrum für Kinder,
Jugendliche und Familien
Hochried 1
82418 Murnau


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